Römische Zahlzeichen und verborgene Jahreszahlen

In der Schule lernt jeder Fünftklässler die Bedeutung der römischen Zahlzeichen M, D, C, L, X, V und I.

Auch in Walldorf findet man Inschriften mit römischen Jahreszahlen. Die älteste davon ist MCCCCXX. Sie steht auf einem Grabstein vom 7. Mai 1420, der wahrscheinlich zuerst in der Laurentiuskapelle stand, dann in die katholische Kirche kam und 1961 bei der Kirchenerweiterung wiederentdeckt wurde. Lange Jahre in einem Privatgarten aufgestellt, wurde er vor wenigen Jahren ins Museum im Astorhaus gebracht. Nach Dr. Ludwig H. Hildebrandt ist es vermutlich der Grabstein Eberhards v. Venningen.

Die Jahreszahl MDI (= 1501) befand sich nach Pfarrer Johann Adam Stumpf auf der größten und ältesten Kirchenglocke. Leider wurde diese Glocke 1903 eingeschmolzen, als die katholische Kirchengemeinde ein neues Geläut bekam.

Sind diese Jahreszahlen sofort zu erkennen und zu entziffern, so kann man auch verborgene, für Unwissende „geheime“ Jahreszahlen finden wie z.B. auf dem Wegkreuz, das früher an der alten Reilinger Straße stand und später an den Bogen der Zufahrt zum Friedhof verlegt wurde. Der Walldorfer Heimatforscher Konrad Litterer schreibt über das Steinkreuz: „Eine Jahreszahl ist nirgends angebracht.“ Dabei ist ihm entgangen, dass die Inschrift sehr wohl eine verborgene Jahreszahl enthält. Der erste, lateinische Teil lautet (hier mit großen römischen Zahlzeichen):

qVeM LapIs IntenDIt
pronVs Venerare VIator
aVgVsta VIVes faVstVs
In arCe poLI

Römische Zahlzeichen, Heimatfreunde, Walldorf

Dies ist ein vor allem in der Barockzeit beliebtes „Chronogramm“, d.h. die Verschlüsselung einer Jahreszahl innerhalb eines meist lateinischen Textes. Dabei bestand die Kunst darin, einen Text zu finden, der exakt die nötigen römischen Zahlzeichen enthielt, und der auch noch sprachlich qualitätsvoll war. Zählt man die Werte der römischen Zahlzeichen beim Walldorfer Wegkreuz zusammen, so kommt man auf die Jahreszahl 1757.

Erklärung:

V + M + L + I + I + D + I + V + V + V + I + V + V + V + I + V + V + V + I + C + L + I =
5 + 1000 + 50 + 1 + 1 + 500 + 1 + 5 + 5 + 5 + 1 + 5 + 5 + 5 + 1 + 5 + 5 + 5 + 1 + 100 + 50 + 1 = 1757.

In Walldorf sind aber noch weitere Chronogramme zu finden, nämlich in der katholischen Kirche. Folgende Inschrift im Kircheneingang enthält zweimal, im lateinischen wie im deutschen Text, die Jahreszahl 1743 (W=VV=10):

pIa fVnDatIo LVMInIs pro sabbatIs
et festIs b: VIrgInIs aVXILIatrICIs

eWIg WährenDes LIeCht
zVr VerehrVng MarIae hVLff

Das Chronogramm stammt von Pfarrer Johann Adam Stumpf, wie auch das folgende vom gleichen Jahr: 

LVMen IneXstIngVIbILe
pro eVCharIstIa pIe fVnDaVIt

Alle diese Inschriften entstanden nach der 1738 in Walldorf erfolgten Gründung der Mariä-Hilfsbruderschaft, die bereits 1737 von Papst Clemens XII. genehmigt worden war.